Akuter Stress ist gesund
Akuter Stress lässt sich am besten dadurch charakterisieren, dass niemand an ihm „leidet“. Entscheidend ist nicht, ob wir Stress haben oder nicht, denn Stress ist ein natürlicher Aktivator für unser System, das zwischen Aktivierung und Regeneration (oder Action & Reactio) pendelt, sondern vielmehr wie wir mit unseren Stressoren umgehen (Bewältigungskompetenz oder Resilienz).
Jeder gesunde Mensch kann akuten Stress sehr gut verkraften ohne dabei gesundheitlich Schaden zu nehmen. Nach akutem Stress, der durchaus mit hohen Pulswerten und verminderter HRV einhergehen kann, reguliert sich ein gesunder Organismus schnell wieder in seinen Normalzustand herunter (Regulationsfähigkeit, Downregulation). Das durchschnittliche Tagesniveau (Pulswerte und HRV) ist meist schon kurze Zeit nach der Stressbelastung (tätigkeitsabhängig) wieder erreicht.
Akuter Stress führt nicht zu Erkrankung. Er ist vielmehr eine natürliche und positive Reaktion des Körpers auf eine verhältnismäßig große Belastungssituation. Es handelt sich um eine unbewusst ablaufende Stressreaktion des Körpers, auch „Anpassungsreaktion“ genannt. In Stress- und Drucksituationen steigen Blutdruck und Puls, die Atmung wird schneller, der Muskeltonus erhöht sich. Das sympathische System wird aktiviert, der Körper schüttet Adrenalin aus und sorgt dafür, dass Gehirn und Muskeln mit Energie versorgt werden; der Körper stellt sich auf „Kampf-“ oder „Fluchtverhalten“ ein („fight or flight“), der Organismus läuft auf Hochtouren. Ist die „Gefahr“ gebannt, ebben bei gesunden Menschen die entsprechenden körperlichen Reaktionen auch wieder ab. Ohne diesen lebenswichtigen Reflex wäre die menschliche Evolution undenkbar gewesen, die akute Stressreaktion sichert also unser Überleben.
In einer 24-Stunden HRV-Messung ist akuter Stress nur durch genaues Hinsehen und eingehender Analyse erkennbar. Entscheidend ist: er beeinflusst die wesentlichen Herzleistungsdaten, wie Total Power, pNN50, Gesamtzahl der Herzschläge in 24 Stunden, Dynamiken zwischen Tag und Schlaf sowie zwischen minimaler und maximaler Herzrate, in der Regel nicht. Das Lebensfeuer wird in Dichte Höhe und Intensität durch akuten Stress nicht negativ beeinflusst.
Beispielmessung akuter Stress
41-jährige Frau mit sehr guter Vitalität, biologisches Alter 31 Jahre. Die Stresssituation (grau markiert) beeinflusst die Vitalität nicht.